Im Interview: 3 Fragen an Finanzminister André Schröder

27.04.2018

Die Bemessung der Grundsteuer ist lt. BVerfG verfassungswidrig. Im Interview erklärt Finanzminister André Schröder die Hintergründe.

Warum war eine Reform der Grundsteuerregelung notwendig?
Die Kommunen in Deutschland nehmen über 14 Milliarden Euro über die Grundsteuer ein. Die Städte und Gemeinden haben sich damit im Wesentlichen finanziert. Zehn Prozent der Gesamteinnahmen der Kommunen kommen aus der Grundsteuer. Aber man hat das mit Messmethoden, mit Einheitswerten gemacht, die in der Bundesrepublik West aus den 60er Jahren stammen. In den neuen Bundesländern sogar aus den 30er Jahren. Das widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Und deswegen ist eine Reform überfällig.

Was ändert sich für die Bürger?
Für den einzelnen Bürger ändert sich bis Ende 2024 nichts. Die Politik ist am Zug, jetzt erstmal eine neue Gesetzgebung auf den Weg zu bringen und dann in einem fünfjährigen Übergangszeitraum auch umzusetzen. 

Wie geht es jetzt weiter?
Die Finanzminister der Länder haben sich mehrheitlich auf ein Kostenwertermittlungsmodell verständigt. Das würde uns im ländlichen Raum und in den Städten in Sachsen-Anhalt helfen, aber das ist auch sehr verwaltungsaufwendig. Jetzt wird geprüft, ob das in der Kürze der Frist, die uns das Bundesverfassungsgericht gesetzt hat, realisierbar ist. Und dann werden sich die Landesfinanzminister mit dem Bund sehr schnell verständigen. Für den Bürger sollen sich in der Gesamtheit keine erhöhten Belastungen ergeben.

Hier geht's zum Videointerview mit Finanzminister André Schröder.

 

Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am 10. April 2018 die bisherige Erhebung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Aktuell wird die Grundsteuer durch einen sogenannten Einheitswert bemessen. Dabei orientiert sich das Finanzamt an Werteverhältnissen, die 1964 (Westdeutschland) bzw. 1935 (Ostdeutschland) erhoben worden. Den Richtern zufolge ist die Bemessungsgrundlage verfassungswidrig, weil sie seit über 50 Jahren nicht weiterentwickelt wurde und nicht mehr der realen Werteentwicklung von Häusern und Grundstücken angepasst worden ist. Die Richter fordern deshalb eine Gesetzesreform bis Ende 2019, die bis Ende 2024 umgesetzt sein muss.

Die Grundsteuer ist einer der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2017 sind ungefähr 258 Millionen Euro an Grundsteuern eingenommen worden. Mit Inkrafttreten der neuen Grundsteuerreform müssen die Finanzämter in Sachsen-Anhalt 1,1 Millionen wirtschaftliche Einheiten (Eigenheime, wirtschaftliche Betriebe, Gewerbegebiete, Land- und Forstwirtschaft) neu berechnen. Laut Finanzminister André Schröder ist es Konsens unter den Länderfinanzministern, „dass diese wichtige Finanzierungsgrundlage für unsere Städte und Gemeinden aufkommensneutral erhalten bleibt. Am Ende sollen nicht mehr Steuern eingenommen werden, aber auch nicht weniger.“