Zukunft der CDU - Parteileben und Partei leben

19.07.2019

Mario Kaschunke im Interview mit Tobias Krull und Johanna Sorge über die künftige Ausrichtung der CDU Sachsen-Anhalt. 

Die Europa- und Kommunalwahlen sind vorbei. Die CDU Sachsen-Anhalt ist stärkste Kraft im Land und konnte landesweit in die Kommunalparlamente einziehen. Auf der anderen Seite hat die Partei aber starke Stimmverluste hinnehmen müssen. Mario Karschunke, Mitgliederbeauftragter der CDU Sachsen-Anhalt, ist seitdem in den Kreisverbänden unterwegs, um mit den Mitgliedern ins Gespräch zu kommen. In Magdeburg sprach er mit dem Kreisvorsitzenden Tobias Krull MdL und Johanna Sorge, Vorstandsmitglied der Jungen Union Sachsen-Anhalt, über die Stimmung in der Partei, junge Politik und Zukunftsaussichten der CDU Sachsen-Anhalt.

Vertrauensverluste in die CDU 
Mario Karschunke: Herr Krull, was ist mit der Partei passiert? Woher kommt der riesengroße Vertrauensverlust bei unseren Wählerinnen und Wählern?

Tobias Krull: Das Ergebnis kann uns als Volkspartei nicht befriedigen, das ist nicht unser Anspruch. Dazu haben sicherlich mehrere Faktoren beigetragen. Es ging aber vor allem darum, dass wir nicht erklären konnten, welche Positionen die CDU vertritt. Es wird uns eine Art Profillosigkeit vorgeworfen.

Eigene Positionen finden
Uns wird auch eine Art der Ohnmacht vorgeworfen. Auf eine Fridays-For-Future-Bewegung reagieren wir mit der Schulpflicht. Auf ein Youtube reagieren wir mit einem Versprechen, das wir nicht halten und dann mit einem 11-seitigen PDF. Frau Sorge, fühlt man sich da als junger Mensch eigentlich noch ernst genommen?

Johanna Sorge: Natürlich fühlt man sich im ersten Moment nicht ernst genommen. Da muss die CDU zeigen, dass sie auf die jungen Leute zugehen kann, dass sie die Themen der heutigen Zeit ernst nimmt und dass sie darauf eigene Antworten finden will – gemeinsam mit den jungen Menschen.

Anliegen der Bürger wieder in den Mittelpunkt rücken
Aus vielen Gesprächen mit unseren Mitgliedern heraus ist der Eindruck entstanden, dass wir nicht mehr Politik für den Menschen, sondern nur noch für die Wahlkreise machen. Herr Krull, wie empfinden Sie das?

Tobias Krull: Der Eindruck von außen ist: Wir kümmern uns bloß noch um uns selbst, um Personalien, aber nicht mehr um die Anliegen der Bürger. Offenbar haben wir eine falsche Kommunikationsstrategie in der CDU. Das, was wir für die Menschen machen, kommt dort nicht mehr an. Wir müssen wieder mehr eine Kümmerer-Partei sein. Wir müssen nicht nur in unseren Gremien zu sitzen – sondern auch mal bei den Bürgern am Stammtisch.

"Politikverdrossenheit" ist keine Ausrede
Die Gesellschaft wandelt sich immer stärker und immer schneller. Können sich junge Menschen den Luxus, unpolitisch zu sein, eigentlich noch leisten?

Johanna Sorge: Nein, das geht nicht, weil wir die Generation sind, die die Politik irgendwann bestimmen wird.  Da müssen wir uns in jungen Jahren schon mit beschäftigen. Aber da müssen die Parteien auch von Anfang an zeigen: Wir wollen, dass ihr mitgestaltet. Wir geben euch die Chance, aktiv mitzuarbeiten, damit wir mit euch zusammen Antworten finden können.

Wie muss sich Politik präsentieren
Die Sozialen Medien sind mittlerweile auch aus der Politik nicht mehr wegzudenken. Frau Sorge, wo informieren Sie sich eigentlich über Politik?

Johanna Sorge: Ganz klassisch über die Nachrichten. Dann kommt es auch immer darauf an, wie sich Politik darstellt. Egal, wie Wahlergebnisse ausgehen – mit Pessimismus und einem Negativimage funktioniert das nicht. Da spielt natürlich das Internet eine ganz große Rolle. Was junge Menschen aber auch sehr wohl wahrnehmen, ist Bürgernähe – also wie präsentiert sich Politik oder auch der Politiker vor Ort im Gespräch mit den Menschen.

CDU- zurück zur Mitmachpartei
Herr Krull, Stichwort Bürgernähe - Ist unser größtes Problem unsere Altersstruktur oder leben wir zu wenig das Prinzip Mitmachpartei?

Tobias Krull: Wenn ich als junger Mensch zu einer Ortsverbandssitzung komme und da sind gefühlt nur über 60-Jährige am Tisch, kann das schon etwas demotivierend wirken. Wir müssen uns mehr um die Anliegen unserer Mitglieder kümmern und Fragen und Ideen ernst nehmen – unabhängig vom Alter. Das „Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht-Prinzip“ hilft uns nicht weiter. Das ist eine Frage von innerparteilicher Kultur. Da haben wir leider Defizite – das muss man tatsächlich so direkt sagen.

Präsenz vor Ort als Gegenmaßnahme?
Wie können wir die Situation schnell und unkompliziert ändern?

Tobias Krull: Es reicht nicht aus, gut in den Sozialen Medien vertreten zu sein. Das ist zwar wichtig, aber wir müssen wieder mehr bei den Menschen vor Ort sein. Bei Sportfesten, bei Vereinen – wir dürfen uns nicht in das Raumschiff Landtag oder Bundestag zurückziehen, sondern müssen bei den Menschen sein. Klassische Bürgersprechstunden werden kaum noch wahrgenommen, sodass wir die Chance wahrnehmen müssen, bei Veranstaltungen in den Wahlkreisen Präsenz zu zeigen und Gesprächsangebote zu unterbreiten.

Die junge Generation zurückgewinnen
Frau Sorge, wie kann ich denn die jungen Menschen ansprechen?

Johanna Sorge: Auf jeden Fall junge Politik machen. Themen wie Baukindergeld oder die Rente stehen bei jungen Menschen nun mal nicht vordergründig auf dem Plan, auch wenn es sie irgendwann einmal betreffen wird. Das sind Themen wie die Zukunft der ländlichen Regionen, ob man dort Arbeit findet und bleiben kann sowie die Digitalisierung an sich. Natürlich spielen auch Tier,- Umwelt,- und Naturschutz eine immense Rolle. Wenn wir diese Themen nicht besetzen, macht es jemand anders und wir verlieren eine Generation.

Das Parteileben aktiv Mitgestalten
Vielen Dank an Johanna Sorge und Tobias Krull. Wir als letzte Volkspartei und Mitgliederpartei wollen die Menschen abholen, mit ihnen gemeinsam Politik gestalten. Dazu gilt an dieser Stelle noch einmal mein Aufruf an unsere Mitglieder der CDU Sachsen-Anhalt: Kommt auf uns zu! Sprecht mit uns! Sagt uns, wie wir aus Eurer Sicht unser Parteileben und unsere Politik gestalten können.

Euer Mario Karschunke
Tel: 0171/573 48 38
Mail: mitgliederbeauftragter [at] cdulsa.de